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Der traditionelle Kirtag

Die alte Volkskultur ist in Krensdorf bedauerlicherweise im Schwinden, zu einer Zeit des Jahres aber lebt sie: wenn die Ortsbewohner und ihre Freunde nach altem Brauch und lieber Gewohnheit Kirtag feiern. Kirtag_1927Kirtag 1927Der Krensdorfer Kirtag wird am 4. Sonntag nach Ostern begangen, das fällt oft mit dem Namensfest des Kirchenpatrons, des hl. Sigismund, zusammen. Auf jeden Fall ist es eine Zeit, wo allerorten die schönsten Frühlingsbräuche gefeiert wurden. Die aktivsten Kirtagsteilnehmer - der Volkskundler weiß es - sind die Burschen. Am Ostermontag holen sie das Burschenschaftszeichen - ein Modell eines pflügenden Bauern - vom Gasthaus, wo es jahrüber verwahrt wird, ab und bringen es zum Tischler. Dieser hat bis zum Kirtag Zeit, nötige Reparaturen durchzu­führen und die Figuren frisch zu streichen, kurzum den „Pflui" auf Glanz zu bringen.

In den sozial unruhigen Zeiten der Zwanzigerjahre bildete sich auch eine Arbeiterburschengruppe. Ihr Abzeichen war der „Arbeiterschild", auf dem Zirkel, Winkel, Säge, Hacke, Hobel und ein kleines Rad abgebildet waren. Das sind die klassischen Zimmermanns- und Tischlerwerkzeuge, wie wir sie auch auf Petschaften und Zunfttruhen sehen. Das Rad ist das heraldische Zeichen für Industrie. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Krensdorfer Burschen war aber stärker als der Parteienhader und bald zogen Bauernburschen und Arbeiterburschen wieder vereint unter dem Zeichen des pflügenden Bauern.

Für die Burschen wird es Zeit, ihre Kirtagsmädchen auszusuchen. Die Auserwählten stickten ihre und ihres Burschen Initialen in eine bunte Schleife, heute machen es sich die Mädchen einfacher und lassen diese Handarbeit von einer in Krensdorf ansässigen Paramentenstickerin besorgen. Mit diesen Bändern in verschiedenen bunten Farben und mit einem Kranzel aus Buchsbaum und Blumerl wird das Pflugmodell prächtig herausgeputzt. Aber nicht nur die Jugend, die ganze Bevölkerung rüstet zum Kirtag-Baumfällen Fest. Wo es noch die schönen alten Giebel­häuser mit ihren Putzornamenten gibt, werden sie frisch geweißingt und die Fensterrahmen und Holz­läden in grüner oder brauner Farbe gestrichen. Für die Frauen ist eine Zeit des emsigen Backens angebrochen. Früher durften Nuß- und Mohnstrudel nicht fehlen, heute gibt es Torten und Backwerk in Hülle und Fülle, genug, um jedem Gast auch noch ein „Kirtagspackerl" zum Mitnehmen zu richten. An eine Tracht kann man sich in Krensdorf nicht mehr erinnern. Es ist aber feste Sitte, jedes Mädchen von klein auf bis zur Verheiratung alljährlich mit einem neuen Kirtagskleid zu beschenken. Das ist irgendein hübsches Sommerkleid, das zum Kirtag das erste Mal angelegt wird, auch wenn die Witterung manchmal noch recht unfreundlich ist. Dem Volks­kundler drängen sich Vergleiche mit dem alten Trachtenleben auf, er denkt an die weißen Kirtagstanzkittel und an den österlichen Termin des ersten Blankgehens, wenn sich die Mädchen frierend, aber stolz in frisch gestärkten, bauschigen Hemdärmeln zeigten.

Am Samstagvormittag vor dem Fest gehen die Burschen ins „Kirchholz", um den von der Urbarialgemeinde gestifteten Kirtagsbaum einzuholen. Die Mädchen schmücken ihn mit roten und weißen Maschen, dann wird er vor dem Gasthaus Bürger auf­gestellt. In der Nacht halten die Burschen bei dem Baum Wache, damit er nicht von den Burschen aus den Nachbarorten „gestohlen" wird, was natürlich für die Krensdorfer eine Schande bedeuten würde. Endlich ist der Kirtag da. Er beginnt um 10 Uhr in der Kirche mit einem feierlichen Hochamt mit be­sonders schöner Kirchenmusik. Nach dem Gottesdienst begeben sich die Familien zum festlichen Essen in ihre Häuser. Um die mit Backhendl, Schnitzel, Gebratenem und Geselchtem reich besetzte Tafel sind die Hausleute, auswärts lebende Familienmitglieder und Kirtagsgäste vereint. Um 2 Uhr ist die Segenandacht in der Kirche ange­setzt. Danach findet der Pflugumzug statt. Er beginnt beim Tischler, wo das frisch gestrichene und mit Schleifen und Kranz geschmückte Burschenschafts­zeichen abgeholt wird. Die Burschen tragen Wein­flaschen mit sich, um den Zusehern des Zuges fleißig einzuschenken. Beim Tischler werden die Flaschen das erste Mal gefüllt, mit der Tischlersfrau wird das erste „Pfluistückl" getanzt. Dann setzt sich der Zug unter oftmaligem „Juizen", diesen Urschreien der Freude, in Bewegung. In früheren Jahren vor der Gemeindezusammenlegung Sigleß-Krensdorf wurden auch vor dem Haus des Bürgermeisters und vor den heute bereits geschlossenen Gasthäusern Seedoch und Moritz Stationen eingelegt, um Ehren­tänze mit der Frau Bürgermeister und den Wirtinnen zu tanzen und die Flaschen frisch zu füllen. Über die von Schaulustigen gesäumte Brücke - der Autoverkehr ist am Kirtag aus dem Ort verbannt -geht es zum Gemeindeamt, wo die Ortshonoratioren schon den Zug erwarten. Nun bringt der Anführer der Burschen, der redegewandteste aus der Schar, die Vivatrufe mit folgenden alten Formeln aus: „Es lebe hoch unser Herr Bürgermeister.

Seine Gesund­heit. Vivat!" Die Kapelle bekräftigt den Vivatruf mit einem Tusch. Schon folgt der nächste: „Es lebe hoch seine vielgeliebte Familie. Ihre Gesund­heit. Vivat!" In dieser Weise lassen die Burschen auch die Gemeinderäte, den Herrn Pfarrer, die Lehrer, sämtliche Vereine, die Kirtagsgäste und die gesamte Ortsbevölkerung hochleben. Der Herr Bürgermeister bedankt sich mit einer An­sprache. Darauf folgt der feierliche Kirtagstanz. Die Musik spielt einen Walzer, der Burschenanführer beginnt mit seinem Mädchen den Tanz, den Pflug in der hocherhobenen Hand haltend. Nach ein paar Takten übergibt er ihn dem nächsten Burschen, er selbst tanzt mit seinem Mädchen weiter. So geht es fort, bis sich am Schluß alle Paare im Tanz drehen. Ist dieser wichtige Programmpunkt beendet, bewegt sich der Zug zum Gasthaus Bürger, wo er sein Ende findet. Am Abend findet dort eine Tanzunterhaltung statt, zu der in vergangenen Jahren die Pöttschinger Musikkapelle Sauerwein aufspielte. Aber noch ist es nicht soweit. Am Nachmittag be­lustigen sich Kinder und Jugendliche beim Ringel­spiel, beim Schießstand und bei den Standeln mit Süßigkeiten. Früher durften der Türkische Honig, die „grauperten Busserl" (Honigbusserl) und Lebkuchen­herzen mit Sprüchen in Zuckerspritzguß nicht fehlen. Eine Einladung zum Ringelspiel gibt auch den Jugendlichen, die nicht am Pflugumzug teilgenom­men hatten, Gelegenheit, zarte Bande zu knüpfen. Nach dem Kirtag bleibt der Pflug im Gasthaus auf­gehängt, bis am nächsten Ostermontag von neuem zum Kirtag gerüstet wird. Erst dann erhalten die Kirtagsburschen vom Vorjahr die Schleifen ihrer Mädchen als Erinnerung.

 
Quelle: Krensdorf 1232 - 2002 Eine Ortschronik - Dr. Clara Prickler

In den sozial unruhigen Zeiten der Zwanzigerjahre bildete sich auch eine Arbeiterburschengruppe. Ihr Abzeichen war der „Arbeiterschild", auf dem Zirkel, Winkel, Säge, Hacke, Hobel und ein kleines Rad abgebildet waren. Das sind die klassischen Zimmermanns- und Tischlerwerkzeuge, wie wir sie auch auf Petschaften und Zunfttruhen sehen. Das Rad ist das heraldische Zeichen für Industrie. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Krensdorfer Burschen war aber stärker als der Parteienhader und bald zogen Bauernburschen und Arbeiterburschen wieder vereint unter dem Zeichen des pflügenden Bauern.

Für die Burschen wird es Zeit, ihre Kirtagsmädchen auszusuchen. Die Auserwählten stickten ihre und ihres Burschen Initialen in eine bunte Schleife, heute machen es sich die Mädchen einfacher und lassen diese Handarbeit von einer in Krensdorf ansässigen Paramentenstickerin besorgen. Mit diesen Bändern in verschiedenen bunten Farben und mit einem Kranzel aus Buchsbaum und Blumerl wird das Pflugmodell prächtig herausgeputzt. Aber nicht nur die Jugend, die ganze Bevölkerung rüstet zum Kirtag-Baumfällen Fest. Wo es noch die schönen alten Giebel­häuser mit ihren Putzornamenten gibt, werden sie frisch geweißingt und die Fensterrahmen und Holz­läden in grüner oder brauner Farbe gestrichen. Für die Frauen ist eine Zeit des emsigen Backens angebrochen. Früher durften Nuß- und Mohnstrudel nicht fehlen, heute gibt es Torten und Backwerk in Hülle und Fülle, genug, um jedem Gast auch noch ein „Kirtagspackerl" zum Mitnehmen zu richten. An eine Tracht kann man sich in Krensdorf nicht mehr erinnern. Es ist aber feste Sitte, jedes Mädchen von klein auf bis zur Verheiratung alljährlich mit einem neuen Kirtagskleid zu beschenken. Das ist irgendein hübsches Sommerkleid, das zum Kirtag das erste Mal angelegt wird, auch wenn die Witterung manchmal noch recht unfreundlich ist. Dem Volks­kundler drängen sich Vergleiche mit dem alten Trachtenleben auf, er denkt an die weißen Kirtagstanzkittel und an den österlichen Termin des ersten Blankgehens, wenn sich die Mädchen frierend, aber stolz in frisch gestärkten, bauschigen Hemdärmeln zeigten.

Am Samstagvormittag vor dem Fest gehen die Burschen ins „Kirchholz", um den von der Urbarialgemeinde gestifteten Kirtagsbaum einzuholen. Die Mädchen schmücken ihn mit roten und weißen Maschen, dann wird er vor dem Gasthaus Bürger auf­gestellt. In der Nacht halten die Burschen bei dem Baum Wache, damit er nicht von den Burschen aus den Nachbarorten „gestohlen" wird, was natürlich für die Krensdorfer eine Schande bedeuten würde. Endlich ist der Kirtag da. Er beginnt um 10 Uhr in der Kirche mit einem feierlichen Hochamt mit be­sonders schöner Kirchenmusik. Nach dem Gottesdienst begeben sich die Familien zum festlichen Essen in ihre Häuser. Um die mit Backhendl, Schnitzel, Gebratenem und Geselchtem reich besetzte Tafel sind die Hausleute, auswärts lebende Familienmitglieder und Kirtagsgäste vereint. Um 2 Uhr ist die Segenandacht in der Kirche ange­setzt. Danach findet der Pflugumzug statt. Er beginnt beim Tischler, wo das frisch gestrichene und mit Schleifen und Kranz geschmückte Burschenschafts­zeichen abgeholt wird. Die Burschen tragen Wein­flaschen mit sich, um den Zusehern des Zuges fleißig einzuschenken. Beim Tischler werden die Flaschen das erste Mal gefüllt, mit der Tischlersfrau wird das erste „Pfluistückl" getanzt. Dann setzt sich der Zug unter oftmaligem „Juizen", diesen Urschreien der Freude, in Bewegung. In früheren Jahren vor der Gemeindezusammenlegung Sigleß-Krensdorf wurden auch vor dem Haus des Bürgermeisters und vor den heute bereits geschlossenen Gasthäusern Seedoch und Moritz Stationen eingelegt, um Ehren­tänze mit der Frau Bürgermeister und den Wirtinnen zu tanzen und die Flaschen frisch zu füllen. Über die von Schaulustigen gesäumte Brücke - der Autoverkehr ist am Kirtag aus dem Ort verbannt -geht es zum Gemeindeamt, wo die Ortshonoratioren schon den Zug erwarten. Nun bringt der Anführer der Burschen, der redegewandteste aus der Schar, die Vivatrufe mit folgenden alten Formeln aus: „Es lebe hoch unser Herr Bürgermeister.

Seine Gesund­heit. Vivat!" Die Kapelle bekräftigt den Vivatruf mit einem Tusch. Schon folgt der nächste: „Es lebe hoch seine vielgeliebte Familie. Ihre Gesund­heit. Vivat!" In dieser Weise lassen die Burschen auch die Gemeinderäte, den Herrn Pfarrer, die Lehrer, sämtliche Vereine, die Kirtagsgäste und die gesamte Ortsbevölkerung hochleben. Der Herr Bürgermeister bedankt sich mit einer An­sprache. Darauf folgt der feierliche Kirtagstanz. Die Musik spielt einen Walzer, der Burschenanführer beginnt mit seinem Mädchen den Tanz, den Pflug in der hocherhobenen Hand haltend. Nach ein paar Takten übergibt er ihn dem nächsten Burschen, er selbst tanzt mit seinem Mädchen weiter. So geht es fort, bis sich am Schluß alle Paare im Tanz drehen. Ist dieser wichtige Programmpunkt beendet, bewegt sich der Zug zum Gasthaus Bürger, wo er sein Ende findet. Am Abend findet dort eine Tanzunterhaltung statt, zu der in vergangenen Jahren die Pöttschinger Musikkapelle Sauerwein aufspielte. Aber noch ist es nicht soweit. Am Nachmittag be­lustigen sich Kinder und Jugendliche beim Ringel­spiel, beim Schießstand und bei den Standeln mit Süßigkeiten. Früher durften der Türkische Honig, die „grauperten Busserl" (Honigbusserl) und Lebkuchen­herzen mit Sprüchen in Zuckerspritzguß nicht fehlen. Eine Einladung zum Ringelspiel gibt auch den Jugendlichen, die nicht am Pflugumzug teilgenom­men hatten, Gelegenheit, zarte Bande zu knüpfen. Nach dem Kirtag bleibt der Pflug im Gasthaus auf­gehängt, bis am nächsten Ostermontag von neuem zum Kirtag gerüstet wird. Erst dann erhalten die Kirtagsburschen vom Vorjahr die Schleifen ihrer Mädchen als Erinnerung.